08.08.2018, T. Dietz: „Sünde – Was Menschen heute von Gott trennt“ (5/5)
Sünde – Was Menschen heute von Gott trennt
Autor: Thorsten Dietz
Gebundene Ausgabe, 224 Seiten
SCM R.Brockhaus, 11. August 2017
ISBN 3417267846
Vorgeschichte: Mich hat der Titel des Buchs neugierig gemacht. Das uralte biblische Thema „Sünde“ prallt auf unsere heutige „Alles kann nichts muss“-Welt … wie passt das zusammen? Um mir diese Frage zu beantworten, habe ich dieses Buch erworben.
Inhalt: Der Autor, der eine Professur für Theologie an einer Evangelischen Hochschule innehat, löst sich völlig von den klassischen z.B. aus Finchers „Sieben“ bekannten „Todsünden“ (namentlich: Hochmut, Habgier, Neid, Zorn, Wollust, Völlerei, Trägheit) und definiert stattdessen eigene Sünden. Anstelle von Substantiven beschreibt der Autor „seine“ sieben Sünden durch Adjektive (namentlich: blind, hart, süchtig, selbstlos, reich, sicher, träge). Die getroffene Auswahl lässt Raum für Diskussionen, wird jedoch im Verlauf des Buchs schlüssig begründet.
Erzähltechnik: Jeder Sünde ist ein eigenes Kapitel gewidmet, wobei festgehalten werden muss, dass der Autor sich dem jeweiligen Thema nicht aus ethischer oder moralischer, sondern stattdessen aus christlicher Sicht nähert. Die resultierenden sieben Kapitel machen den Kern des Buches aus, der von zwei einleitenden und einem finalen Kapitel eingerahmt wird. Jede der sieben Sünden wird zudem durch ein anschauliches Beispiel aus einem bekannten Film bzw. einer bekannten Fernsehserie untermalt. Da der Autor zu diesem Zweck ausnahmslos Klassiker wählt (von „Herr der Ringe“ über „Harry Potter“ und „Star Wars“ bis hin zur „Matrix“ oder den „Hunger Games“ ist so gut wie alles aus dem SciFi-Bereich dabei, was Rang und Namen hat!), sind diese Beispiele ebenso verständlich wie kurzweilig geraten.
Suchtfaktor: einmal angefangen, habe ich das Buch ziemlich schnell durchgelesen. Die Kapitel-Auswahl war für mich ein zentrales Kaufargument (wieso in aller Welt definiert der Autor z.B. „selbstlos“ und „sicher“ als Sünden?). Auch der Schreibstil hat mir sehr gefallen, da der Autor nie moralisierend und mit erhobenem Zeigefinger, sondern stattdessen kurzweilig und feinsinnig über die Thematik nachdenkt. Ich hatte mehr als einmal das Gefühl, dass der Autor über das besondere Talent verfügt, Dinge, die man immer schon so oder so ähnlich intuitiv gespürt hat, auf den Punkt zu bringen und zu verbalisieren. Diese Verbalisierung erfolgt in gehobenem, jedoch jederzeit verständlichem Deutsch.
Was bleibt: ein neues Verständnis für einen Begriff, der im Lauf der Jahrhunderte seine Bedeutung verloren hat. Das Buch beinhaltet so viele Weisheiten, dass ich mir fest vorgenommen habe, es noch ein zweites Mal zu lesen. Es gibt nicht allzu viele Bücher, von denen ich das behaupten kann.
Fazit: ein ungewöhnliches, beinahe schon einzigartiges Buch. Wer im Jahr 2017 so mutig und kurzweilig über ein Thema schreibt, zu dem unsere Welt jedweden Bezug verloren hat, dem gebührt meine uneingeschränkte Hochachtung. Ich vergebe 5 von 5 Sternen.
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